Die Geschichte der femininen Freimaurerei

Windungen, Rückschritte, Fortschritte, Erfolge

Freimaurerei war beinahe immer schon auch Frauensache – doch hat die Geschichte der femininen Freimaurerei einige Windungen, Fort- und Rückschritte. 1717 gründete sich in England die erste Großloge ausschließlich für Männer. In Frankreich weihten Freimaurer 23 Jahre später die ersten Frauen in die Freimaurerei ein. Sie gründeten Adoptionslogen, die nur Frauen aufnahmen, aber unter männlicher Aufsicht blieben. Das geschah auch in anderen Ländern. In Deutschland soll es mehrere gegeben haben. Der Ursprung der heutigen femininen Freimaurerei in Deutschland liegt im Jahr 1949, mehr als 200 Jahre später. Inzwischen gibt es in Deutschland über 600 Freimaurerinnen, die in 32 Logen organisiert sind.

Berlin, 30. Juni 1949: Der erste freimaurerische Frauenzirkel in Deutschland feiert seine Gründung, nach zwei freimaurinnen-freien Jahrhunderten in Deutschland. Es brauchte erst einige Freimaurer-Brüder in Berlin, die den Frauen die Tür zur Freimaurerei wieder öffneten. Sie waren auf den Gedanken gekommen,  Freimaurerei könnte auch für Frauen geeignet sein. Deshalb förderten sie einen Kreis interessierter Frauen. Ziel des Frauenzirkels war es, im freimaurerischen Geiste sozial, ethisch und kulturell zu wirken. So stand es in der Satzung. Entsprechend boten die Frauen kulturelle Veranstaltungen im Logenhaus an. Daneben trafen sie sich regelmäßig mit Brüdern, um sich „den freimaurerischen Geist“ zu erarbeiten.

Strengste Disziplin und ein Damoklesschwert

Die Brüder verlangten strengste Disziplin und hatten bei allen Entscheidungen und Aktivitäten ein Mitspracherecht. Der Großmeister und sein Beauftragter waren stimmberechtige Mitglieder des Vorstands. Der Frauenzirkel müsse sich deutlich von der maskulinen Logenarbeit abgrenzen. Darauf bestanden sie. Immer wieder forderten Logenbrüder, den Frauenzirkel aufzulösen. Sie befürchteten, durch die Aktivitäten des Freimaurerinnenzirkels ihre Anerkennung durch die konservative Londoner Ur-Loge zu verlieren. Um dem Risiko der Auflösung dauerhaft zu entgehen, ließen die Frauen ihren Zirkel 1954 ins Vereinsregister eintragen.

Mit Beharrlichkeit stellten zwei Gründungsschwestern ihr Konzept einer femininen Freimaurerei im Bundesgebiet vor. Die Loge in Berlin nahm in der Folge mehrere Frauen auf, ein Arbeitszirkel entstand 1978 in Düsseldorf, ein zweiter 1979 in Wetzlar. Nach dem Vertraut-Machen mit freimaurerischer Arbeit gründeten sich 1982 dort zwei weitere Logen. Nachdem es drei Frauenlogen braucht, um eine eigene Dachorganisation gründen zu können, entstand noch am selben Tag die Frauengroßloge „Zur Humanität“. Heute heißt sie „Frauengroßloge von Deutschland“. Die Brüder, die bisher ihre Hand über die feminine Freimaurerei gehalten hatten, entließen sie aus ihrem Schutz.

Freimaurerinnenlogen gibt es von Flensburg bis Konstanz und von Aachen bis Dresden. International reicht das Netz von Freimaurerinnen von Frankreich über die Mittelmeerländer bis in die Türkei sowie nach Afrika und Lateinamerika. Die deutsche Freimaurerinnen-Großloge ist Mitglied der CLIMAF, einer internationalen Organisation von Frauengroßlogen, die in regelmäßigem Austausch stehen.

Warum zurück auf Start nach 200 Jahren

Seit Jahrhunderten kämpfen Frauen darum, sich aus dem Patriarchat zu befreien. Immer gab es Voranschreiten und Rückschläge, so auch in der femininen Freimaurerei. Der Rückschlag für die Entwicklung der femininen Freimaurerei heißt: Regularität. Ein Großteil der deutschen Männerlogen sind in fünf Großlogen organisiert. Sie alle erkennen die traditionsreiche United Grand Lodge of England (UGLE) London als ihre „Mutterloge“ an. Diese formulierte 1717 im „Grundgesetz“ der Freimaurer, den Alten Pflichten, dass nur freie Männer von gutem Ruf Freimaurer werden dürfen. Keine Leibeigenen. Keine Frauen. Dieses freimaurerische Grundgesetz gilt heute wie vor 300 Jahren.

Nach den Alten Pflichten sind Frauenlogen demnach „irregulär“, ebenso wie gemischte Logen, in denen Freimaurerinnen und Freimaurer zusammen arbeiten. Und dennoch gibt es Freimaurerinnenlogen. Denn: „Freimaurerei ist eine Frage der Gesinnung, nicht des Geschlechts“, ist die feminine Freimaurerei überzeugt. Ethisch zu handeln, freimaurerische Werte wie Toleranz, Menschlichkeit und Menschenliebe zu leben, gelte für alle Menschen gleichermaßen. Freimaurerin sein ist auch jenseits einer im Jahr 1717 definierten Regularität möglich und nötig. „Wir sehen uns der freimaurerischen Tradition und ihren Inhalten verpflichtet, nicht aber den Vorstellungen einer nicht mehr existierenden englischen Gesellschaftsordnung“, so die Meinung der aktuellen Darmstädter Stuhlmeisterin.